Sonntag, 8. Februar 2009

Abschlußarbeit M6:

Digitale Medien in den Geschichtswissenschaften- unter besonderer Berücksichtigung der Suchmaschine Google


Die Entwicklung der Medien ist geprägt von Veränderungen und Umbrüchen, welche besonders im 20. Jahrhundert das wissenschaftliche Arbeiten in den Geisteswissenschaften verändert haben. Anders als in den Naturwissenschaften, die nach Gesetzmäßigkeiten und strikt vorgegebenen Regeln funktionieren, sind in den Geisteswissenschaften, zu denen auch die Geschichtswissenschaften zählen, nachhaltig von der schnellen Entwicklung der digitalen Medien im 20. Jahrhundert beeinflusst. Für den Historiker gehört die Quellenkritik und kritische Analyse traditionellerweise zu den Grundkompetenzen des Faches (Haber 2006). Diese ist jedoch nur durch eine Recherche nach Quellen in Archiven, Bibliotheken und anderen Institutionen gewährleistet, um eine wissenschaftlich hochwertige Arbeit zu verfassen. Dadurch, dass immer mehr primäre Quellen digitalisiert und auf Webseiten veröffentlicht werden, der Zettelkasten durch Online-Bibliothekskataloge verdrängt wurde, die wissenschaftlichen Diskurse auch auf Internetplattformen stattfinden und die Suche nach Aufsätzen, Büchern und Rezensionen durch das Internet vereinfacht werden, ist in den letzten Jahrzehnten das World Wide Web zum wichtigsten Medium, neben den herkömmlichen Möglichkeiten Informationen zu gewinnen, geworden. Das Internet stellt durch die hohe Informationsdichte, den schnellen Zugriff auf Daten und die Möglichkeit sehr viel leichter und schneller als früher, global mit anderen Wissenschaftlern in Kontakt zu treten, eine unverzichtbare Unterstützung bei der Recherche von Informationen dar.
Trotz alle dieser Vorteile, die wir durch dieses neue Medium erfahren, wird die voranschreitende Abhängigkeit vom Internet kontrovers diskutiert. Vor allem die für den Historiker im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Arbeitens stehende Quellenkritik birgt einige Probleme, da nicht alle Webseiten seriös sind und nicht immer überprüft werden kann von wem der Artikel verfasst wurde. Ferner müssen neue Regeln bezüglich der Quellenkritik im Internet aufgestellt werden, um eine Trennlinie zwischen wissenschaftlichen und un-wissenschaftlichen Arbeiten ziehen zu können (Haber 2005).
Die oben genannte Problematik wird unter anderem auch von den zahlreichen Suchmaschinen unterstützt. Hier ist vor allem die Rolle, die die Suchmaschine Google in unserem Alltag einnimmt kritisch zu betrachten und zu hinterfragen. Nicht nur dass sich das Wort „googlen“, welches ein Synonym für eine Suche im Internet beschreibt, im deutschen Sprachbrauch durchgesetzt hat und sogar im Duden als Verb nachzuschlagen ist, nimmt die Suchmaschine Google in den letzten Jahren eine Monopolstellung auf dem Markt der Online-Suchmaschinen und auch der Online-Werbung ein. Die Dominanz von Google bringt ernorm große Gefahren mit sich, da Google durch die nahezu monopolistische Stellung sehr viel Macht und Einfluss auf die Nutzer hat. Dies geht sogar soweit, dass Google die Gesellschaft verändert, man beeinflusst die Informationsbeschaffung, das Lernen, fördert die Copy-Paste-Kultur und betätigt sich als Datensammler (Reischl 2008). Besonders die Veränderung des Lernverhaltens und das scharmlose Kopieren von Texten aus dem Internet haben gravierende Auswirkungen auf die Gesellschaft. Durch die von Google zusätzlich angebotenen Dienste, wie Google-Transate oder Google-Notebook, und der Online-Enzyklopädie Wikipedia, die sehr stark mit der Firma Google zusammenarbeitet, werden Schüler und Studenten in Versuchung geführt Informationen abzuschreiben oder aufzubereiten. Natürlich muss hier in erster Linie die Schuld bei den Abschreibenden gesucht werden, jedoch könnte Google durch einen Integrierten Plagiatsfinder das Abschreiben erschweren und somit aus dem „Suchen“ wieder ein „Lernen“ machen. Natürlich muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass es auch schon vor dem Internet und vor Google Plagiatsprobleme gegeben hat. Diese wurden jedoch durch das WWW und vor allem durch Google und andere Onlinefirmen wesentlich erleichtert.
Ein weiterer Punkt der sehr kritisch betrachtet werden muss, stellt die Informationsbeschaffung durch Google dar. Dadurch dass Google eine Monopolstellung auf dem Gebiet der Suchmaschinen einnimmt, hat Google die Möglichkeit die Suchergebnisse zu steuern. Durch den von Google entwickelten „Page-Rank-Algorithmus“ erscheint eine Trefferliste, deren Reihung sich durch ein komplexes System basierend auf Webverlinkungen ergibt. Diese Methode misst einerseits die Popularität der Webseiten, sollte aber auf der anderen Seite ein Qualitätsranking der Internetseiten sein. Dieser angewendete Algorithmus ist jedoch nicht fehlerfrei, da durch „Verlinkungstricks“ Firmen und Unternehmen ihre Position auf der Trefferliste beeinflussen können. Auch wenn Google versucht gegen Verlinkungstricks vorzugehen, kann das Vorgehen nicht vollständig unterbunden werden. Weiters ist zu kritisieren, dass die Online-Enzyklopädie Wikipedia bei Google im Vergleich mit anderen Suchmaschinen besonders gut abschneidet. Dies lässt auf eine enge Verbindung zwischen diesen zwei Unternehmen schließen. Somit bedeutet dies zusammenfassend, dass die Trefferliste manipulierbar ist und dadurch in weiterer Folge auch die Möglichkeit besteht, die Gesellschaft in eine von Google „gewollte“ Richtung zu lenken (Reischl 2008).
Aber nicht alle von Google durchgeführten Projekte sind negativ zu bewerten. Vor allem für Historiker ist die Idee einer Online-Bibliothek, welche 15 Millionen Bücher umfassen soll, eine sehr interessante und hilfreiche Unterstützung bei der Recherche von Quellen. Angesehene Universitäten, wie Harvard, Oxford, Princeton und Stanford um nur einige zu nennen, haben die Zusammenarbeit an diesem von Google initiierten Projekt unterstützt (Reischl 2008). Dies könnte der erste Schritt auf dem Weg zu einer totalen Bibliothek sein, welche das gesamte Wissen der Menschheit in sich vereint. Natürlich ist dies nur eine Utopie, da einerseits das Projekt von Google die englische Sprache bevorzugt verwendet und andererseits nicht geklärt ist, welche Speicherkapazität das Internet hat (Haber 2005).

Zusammenfassend ist zu bemerken, dass Google durch seine Monopolstellung Macht und Einfluss besitzt die Gesellschaften nachhaltig zu verändern. Man sollte aber nicht den technologischen Fortschritt dafür verantwortlich machen, sondern den Menschen, der versucht diesen für seine Zwecke auszunutzen. Meines Erachtens muss in den nächsten Jahren eine kritischere Auseinandersetzung mit Google entstehen, um einerseits den Einfluss einzudämmen und andererseits die Monopolstellung dieser Firma zu gefährden.
Für den Historiker ist die durch Google vorangetrieben Digitalisierung der Bücher und die daraus resultierende permanente Abrufbarkeit der Quellen eine sehr positiv zu verzeichnende Tendenz. Dieser stehen aber leider sehr negative Entwicklungen, wie z.B. das Entstehen einer Copie&Paste Generation gegenüber, welche sich negativ auf das schulische und das universitäre Leistungsniveau auswirken. Aber durch die zunehmende Amerikanisierung unseres Bildungssystems durch den Bologna-Prozess trägt stetig zu dem Leistungsverfall in den der Gesellschaft bei. Vielleicht sind es die Zeichen der Zeit, die nicht mehr das eigenständige Lernen und Denken in den Vordergrund stellen, sondern den Menschen in einer „funktionierenden“ Gesellschaft, der nichts mehr hinterfragt bzw. nur mehr kopiert und dadurch manipulationsfähig ist, erscheinen lassen sollen?



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Literaturverzeichnis:

Peter Haber, Geschichtswissenschaften im digitalen Zeitalter. Eine Zwischenbilanz. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, 56 (2006), 2, S. 168-183.

Gerald Reischl, Die Google Falle, Wien 2008.

Peter Haber, Archive des Wissens. Neue Herausforderungen für ein altes Problem. in: Burckhardt, Hohls, Ziegeldorf (Hg.), Geschichte und Neue Medien in Forschung, Archiven, Bibliotheken und Museen, Berlin 2005 (= Historisches Forum 7 Teilband 1), S.73-83.

Christoph Albrecht: Geschichte und neue Medien, in: Burckhardt, Hohls, Ziegeldorf (Hg.), Geschichte und Neue Medien in Forschung, Archiven, Bibliotheken und Museen, Berlin 2005 (= Historisches Forum 7 Teilband 1), S. 16-44.

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